Je mehr echte Leader ein System hat, umso besser wird seine Selbstorganisation funktionieren. Die Befähigung zu Leadership sucht man zumeist in bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen von Führungskräften. Die persönlichen Eigenschaften allein würden aber in Organisationen, besonders in den grossen, nicht ausreichen, um Leadership wirksam zu machen.
Es gibt drei andere – nicht persönliche – Gründe dafür, dass eine Person als Leader angesehen wird und dass sie die Wirkung erzielt, die die Menschen als Leadership empfinden.
Der erste Grund für echte Leadership ist die Fähigkeit, eine richtige Politik und Strategie für die Organsiation zu machen. Dazu gehört es, die Herausforderungen für die Organisation zu durchdenken, den Zweck und die richtige Mission zu bestimmen, die obersten Ziele und Werte zu formulieren, sowie die grundsätzlichen Regeln festzulegen, nach denen die Organisation funktionieren soll.
Der zweite Grund ist die Fähigkeit, die Organisation in den jeweils richtigen Operationsmodus zu versetzen. Dazu gehört eine klare Sicht und Lagebeurteilung, sowie persönlicher Mut. Es gibt die folgenden typischen Operationsmodi: a. Normaler Betrieb – Business as usual. b. Explizit forciertes Wachstum. c. Change Mode – tiefgreifender Wandel. d. Sonderfall-Mode. e. Expliziter Rückzug f. Krise g. Notfall.
Der dritte Grund für Leadership ist gutes Issue Management, das heisst, die Fähigkeit, aus der Flut von möglichen Themen die richtigen Prioritäten zu setzen, die hier und jetzt richtigen Themen zu selektieren, und diese einer wirksamer Bearbeitung zuzuführen. Das ist Themenführerschaft, und darin zeigt sich häufig, was man »eine Nase haben“ nennt.
Issue-Management ist mehr als man gewöhnlich unter der Bezeichnung Chefsache versteht. Es ist das Befassen mit einer Herausforderung außerhalb ansonsten geltender Ordnungsraster, oft auch ausserhalb der bisher geltenden Strategien.
Kurz: Es geht um nicht mehr und nicht weniger als Managementkompetenz – im Knowhow und in der Anwendung.
Als Leader wahrgenommen wird jemand, der weiß wovon er spricht und seinen Worten zuverlässig Resultate folgen lässt.
Allein vom „Charisma“ blenden lassen sich auf Dauer nur die Charismatiker selbst…
Leider dominieren in der Praxis – aus dem eingangs beschriebenen Missverständnis heraus – Phrasen und Effekthascherei statt unaufgeregter Kompetenz und Unternehmergeist.
Lieber Herr Schmidt, wie kommt es Ihrer Meinung nach, dass „Effekthascherei“,
in der Praxis so dominant ist?
Lieber Prof. Malik, ich denke, das Phänomen setzt sich aus sehr vielen Komponenten zusammen; ich versuche einige zu skizzieren: Einerseits das eingangs erwähnte und verbreitete Führungskräfte-„Idealbild“ des Charismatikers, welches gepaart mit dem – ebenfalls verbreiteten – Selbstverwirklichungsansatz zur Selbstdarstellung führt, statt zur Ergebnisdarstellung. Zweitens das Kurzfristdenken und die Kurzfrist-Erfolgsmessung in den Organisationen. Drittens spielt die herrschende Komplexität eine gewichtige Rolle. Auch im Zusammenhang mit der menschlichen Wahrnehmungs- und Entscheidungspsychologie. Im Regelfall sind die fachlichen Zusammenhänge ja so tief, dass Führungskräfte auf fremden Input angewiesen sind. Einfache und vereinfachende Lösungen klingen natürlich attraktiver und banale Kausalzusammenhänge sind leicht nachvollziehbar. Und sie… Weiterlesen »
Lieber Herr Schmidt, Sie haben hier einige der wichtigsten Einflussfaktoren prägnant dargestellt. Ihre Analyse braucht keine weiteren Kommentare. Vielen Dank dafür.
In wiefern trägt eine Eigenschaft zur Multiplikation/Weitergabe der benannten Eigenschaften guter Führung bei? Dem Gedankengang nach sollte ein „echter“ Leader gerade mit Blick auf Grund Zwei und Drei diese Fähigkeiten auch bei seinen Mitarbeiter*innen aktivieren/entwickeln um eine Verbesserung in der Organisation zu initiieren.
Persönliche Eigenschaften können nur über einen begrenzten Raum hinweg wirksam werden – nämlich so weit, wie die Menschen in einer Organisation den Leader als Person erleben können. Darüber hinaus muss der Leader über Kommunikation und die dafür nötigen Medien wirken. Zu dieser Kommunikation gehören besonders die im Blog erwähnten Mittel: Organisations-Politik und Strategie, Wechsel des Funktionsmodus, wofür Organsiationen speziell vorbereitet und befähigt werden müssen und die zeit- und situationsgerechte Wahl der jeweils aktuellen Themen. Damit werden Mitarbeitern nicht Eigenschaften vermittelt, sondern Information für ihr Handeln.