Braucht es einen personifizierten Kontrolleur, wo etwas „unter Kontrolle ist“? Und einen Lenker, wo etwas gelenkt ist?

Oder sind das „optische“ Täuschungen?

Einfache und komplexe Systeme
Kontrolle im herkömmlichen Sinne funktioniert nur bei einfachen Systemen, dort, wo man Kausalwirkungen erkennen und berechenbar nutzen kann.  Bei komplexen Systemen funktioniert hingegen nur Control,  so, wie die Kybernetik Control versteht – als eine dem System innewohnende Selbstregulierungsfähigkeit.

Zwar gibt es auch in komplexen Systemen jede Menge Kausalwirkungen. Eigentlich gibt es auch dort „nur“ Kausalwirkungen, aber wir können sie nicht zuverlässig identifizieren und isolieren, denn sie sind Teile von grossen Netzwerken, die sich  durch jeden Impuls ändern können – insbesondere durch Feedbacks.
Denn Feedbacks sind Kausalbeziehungen, die auf sich selbst zurückwirken.

Das heisst, was gestern noch funktioniert hat, braucht heute nicht mehr zu funktionieren. Isolieren wir hingegen Kausalwirkungen so weit, dass sie anhaltend funktionieren, dann haben wir ein anderes System vor uns, das die früheren selbstregulierenden Fähigkeiten verloren hat.

 

Control auf Kybernetisch

Mit Control im kybernetischen Sinne sind die Fähigkeiten von komplexen Systemen gemeint, sich den jeweiligen Umständen entsprechend – Außen- und Innenwirkungen – selbst zu steuern, zu lenken, sich selbst zu regulieren, selbst zu organisieren, selbst zu heilen und zu reproduzieren.

In der Natur sind das Selbstverständlichkeiten. Selbstregulierung von Organismen und Ökosystemen ist der Normalfall. Ein typisches Beispiel ist der Herz-Lungen-Kreislauf bei sich ändernden Körperbelastungen.

Control  und im Plural auch Controls
Control im Sinne der Kybernetik bedeutet mehr und etwas anderes als ein System „unter Kontrolle“ zu haben. Ein kybernetisches System ist nicht nur „unter Kontrolle“, sondern es steuert und reguliert sich selbst so, dass es seinen Zweck erfüllt, dass es Störungen kompensiert oder beseitigt, und dass es sich intelligent anpasst,  evolutionsfähig ist – und in der Terminologie der Biologie – „überlebt“ und „lebensfähig bleibt.“

Stephen Hawkings, der berühmte Physiker, definierte Intelligenz als die Fähigkeit, sich an Unvorhergesehenes und noch nie Vorgekommenes anzupassen. Er war also nicht nur Physiker, sondern auch Kybernetiker. Newton hingegen war nur Physiker … verständlich zu seiner Zeit.

So heilen in Organismen Wunden innerhalb eines bestimmten Grades von selbst, wachsen Zellen nach, reproduziert sich eine Population durch ihre Geburtenrate und funktionieren die Warn-, Flucht- und im Falle von Gefahr die Verteidigungsmechanismen „von allein“.

Kybernetische Controls für Organisationen sind unter anderem die „Master Controls“ die ich in meinen Büchern beschreibe. Das sind die grundlegendsten Regelungen, die in einem System als Ganzes bis in seine peripheren Elemente wirksam sind. Und dies unabhängig von ihrer Quelle – seien es Naturgesetze oder vom Menschen getroffene, regulierende Entscheidungen im Sinne von Funktions-Prinzipien.

Denn die wichtigsten Master Controls für wirksame Führung sind Entscheidungen und Regeln, die die kybernetischen Selbstfähigkeiten in ein System implantieren, nämlich Selbstregulieren, Selbstorganisieren, Selbststeuern und Selbstlenken.

Unter anderem gehören dazu die fachgerecht konzipierten Mission-Statements (die mehr und etwas anderes als Marketing-Slogans sind), Politiken, Strategien, Kommunikations- und Feedbacksysteme.