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Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn, Bremen am 14.12.2013:
Die Ironie hinter „Bitcoins“ besteht darin, dass höchste algorithmische Gelehrsamkeit für die neoklassische Theorie zum Einsatz gekommen ist, die Geld für ein Standardgut, also für eine Sache hält, die knapp gehalten werden müsse, damit alle anderen Güter dagegen getauscht werden können. Je rarer das Material, aus dem Geld gemacht werde – so der Glaube –, desto leichter werde es akzeptiert.
Gold in digitaler Form, das so schwierig zu schürfen sein müsse wie reales Gold aus Bergwerken, werde solche Knapphaltung gewährleisten und daher mit dem Bitcoin der Menschheit ein Zahlungsmittel auf der Höhe des digitalen Zeitalters verschaffen.
Juristen aus Norwegens Steuerbehörde haben nun am 13. Dezember 2013 befunden, dass seit 2008 aus „digital mining“ gewonnene Bitcoin trading in der Tat als digitales Gold genauso knapp sein können wie reales Gold aus Bergwerken. Daraus ziehen sie den Schluss, dass Gewinne aus Preissteigerungen dieses digitalen Goldes ebenso versteuert werden müssen wie Vermögenszuwächse aus Preissteigerungen anderer Eigentumsarten. Wie die Verdopplungen von Haus-, Grundstücks- oder Realgoldpreisen höhere Steuern nach sich ziehen, so dürfe der norwegische Staat auch an Preissteigerungen von Bitcoins eine Abschöpfung vornehmen.
Der Ökonomieprofessor Paul Ehling von der „Norwegian Business School“ hat diese Entscheidung umgehend als engstirnige Verletzung seiner neoklassischen Lehre angegriffen: „Jedes Gut, auf das man sich einigt, kann für den Tausch von Gütern und Dienstleistungen als Währung dienen“. (http://www.bloomberg.com/news/2013-12-12/bitcoins-fail-real-money-test-in-scandinavia-s-wealthiest-nation.html).
Doch Geld gewinnt seine Akzeptanz nicht aus einer Einigung darüber, bestimmte Güter als eben solches anzunehmen und auch nicht aus der physischen Konsistenz derselben. Geld stammt nämlich nicht aus der sächlichen Besitzseite von Vermögen, sondern aus seiner ganz unphysischen Eigentumsseite, also aus der Verbriefung eines Gutes und nicht aus dem Gut selbst.
Weil die Fähigkeit des Geldes zur Eigentumsübertragung (Kauf) absolut nichts mit seinem Materialwert zu tun hat, aber alles mit der Qualität des Eigentums, mit dem es seinerseits besichert wird, kann es in sich so wertlos sein wie eine digital generierte Zahl.
Selbstverständlich kann das Eigentum an Gold ebenso zur Besicherung von Geld herangezogen werden wie das Eigentum an Kuhweiden, Bürohauskomplexen oder verbrieften zukünftigen Steuereinahmen (Staatspapieren). Der Einsatz solchen Vermögens für die Geldbesicherung läßt ihre physischen Besitzseiten gänzlich unberührt. Die Vermögenden melken also ihre Kühe weiter, erhalten die Büromieten und sie kassieren auch die Erträge aus den Staatspapieren weiter. Mithin kommmen keinerlei Güter bei der Emission von Geld zum Einsatz. Es geht beim Geld immer nur um Forderungen gegen die Eigentumsseiten der Vermögen. Weil diese dabei belastet werden, also ihre Dispositionsfreiheit verlieren, muss dieser Verlust mit Zins ausgeglichen werden.
Eine Beschränkung auf Edelmetall-Eigentum für die Besicherung von Geld und auch von Kredit (durch Eigentumspfand der Schuldner) wäre eine grandiose Torheit, weil damit alle übrigen Eigentumsvarianten augeschlossen würden. Das Wirtschaften könnte aufgrund der Verlustes oder der Erschöpfung von Bergwerken zum Stillstand kommen. Deshalb erweist sich als optimale Währung jene, die weder in ihrer Bargestalt noch auf ihrer Besicherungsseite auf Edelmetall angewiesen ist.
Die Klassifizerung von Bitcoins als steuerpflichtiges digitales Goldvermögen zieht umgehend weitere Konsequenzen nach sich. Wenn es besteuert werden darf, sollte es auch als Pfand für Kredit und als Eigentum für die Besicherung von Geld dienen können. Man darf deshalb alsbald auf Entscheidungen darüber rechnen, ob sie – aufgrund der hohen Preisschwankungen womöglich mit kräftigen Abschlägen – wenigstens in dieser Verwendung eine Zukunft haben. Wenn aber einmal der Glaube vom Geld als einem Gut durchlöchert ist, wird auch die Vermögensqualität von Bitcoins schweren Schaden nehmen. Sie müssen schließlich ohne irgendeine physische Besitzseite auskommen, aus der man Nutzen ziehen kann, wenn die Eigentumsseite blockiert ist. Gold kann man immerhin noch in samtgefassten Vitrinen zur Schau stellen und dafür eine Gebühr verlangen. Mit Bitcoins geht das nicht.