Dieses Posting wird etwas länger als üblich, erleichtert aber das Verständnis der derzeitigen für viele undurchsichtigen Lage.
Seit meinen Postings vom 19.1. und 24.1. sind die führenden Aktien-Indices in den USA und auch der DAX und FTSE nicht gefallen, wie ich es vermutete, sondern sie sind weiter gestiegen und haben sogar neue Hochs erreicht. Was bedeutet das? Es bedeutet zum einen, dass ich mit meiner Meinung für jene zu früh war, die die Kunst beherrschen – oder zu beherrschen glauben – einen Börsen-Trend bis zu seinem Ende ausreizen und dann noch rechtzeitig aussteigen zu können. Wer das wirklich kann, und zwar nicht nur einmal, sondern regelmässig, hat meinen Respekt.
Im folgenden lege ich dar, warum ich selbst sehr vorsichtig bin. Hier sind einige der Fakten zur Wirtschaftslage, die mich veranlassen, mit einem Warnsignal lieber zu früh als zu spät zu sein, denn ich halte den Anstieg der Aktienkurse an einigen – längst nicht an allen – Börsen weiterhin für eine Bearmarket-Erholung und nicht für einen neuen Bullen-Markt.

  1. Zwölf europäische Börsenindices, darunter Italien, Spanien, Frankreich, Holland, Belgien, Luxemburg und Österreich, sind trotz Erholungen ab 2009 im Durchschnitt noch immer um 50% unter ihren Kursen von 2007 oder 2000. Von diesen hat sich Belgien am besten gehalten mit minus 35%. Markant gestiegen sind nur Deutschland, England und die Schweiz, sowie die Leitindices der USA. Die US-Bankenindex ist um rund 50% gesunken und hat sich trotz der Anstiege von Dow und S+P nicht erholt.
  2. Dort wo neue Höchstkurse erreicht wurden, ist die Publikumsstimmung geradezu euphorisch, was meistens als Zeichen von exzessiven Übertreibungen ernst genommen werden sollte. Insbesondere wenn auch die Ökonomen mehrheitlich optimistisch sind, ist Vorsicht angebracht. In den USA sind in den letzten Monaten die Optimisten unter den Ökonomen von 22% auf über 60% gestiegen.
  3. Die Einzelhandelsumsätze in den USA und in UK sinken. In UK sind sie bereits seit 10 Monaten beschleunigt rückläufig. Im Februar um minus 1.5%.  In den USA haben sich der sogenannte „Foot Traffic“ in Supermärkten von 2008 – 2013 fast halbiert. Ebenso sinken die Autoverkäufe. Die Neuwagen stehen bei den Händlern auf Halde. Die gehäuften Rücktritte der CEOs von Autofirmen führt man auf die schlechten Verkaufszahlen zurück.
  4. Die Neuhypotheken für Immobilien sind auf den tiefsten Stand in rund 20 Jahren gesunken. Seit 2005 sind sie um fast 60% zurückgegangen. Seit 2009  haben sie sich nicht erholt.
  5. Gold ist seit 2011 um 40% und Silber um 60% gefallen.
  6. Die europäischen Banken halten 1700 Billionen Euro Staatspapiere, rund 40% mehr als 2007. Die private Kreditaufnahme geht hingegen zurück.
  7. In den USA sind die Privatkredite seit 2008 um 6% zurückgegangen, hingegen sind die Staatsschulden um 30% gestiegen.
  8. Im Zusammenhang mit den Realinvestitionen ist ein weithin übersehener Effekt die massive Abnahme der Kreditproduktivität. Diese drückt aus, wieviel zusätzliches Sozialprodukt von einem Dollar zusätzlicher Schulden geschaffen wird. In der Nachkriegszeit bis etwa Mitte der 1950er Jahre war diese Ziffer in den USA bei rund 4,5 Dollar. Danach sank diese bis Mitte 1980er Jahre auf rund 70 Cent, ging bis 2000 auf 25 Cent zurück und beträgt jetzt nur noch 8 Cent.

Dies sind nur einige der Bespiele für eine global erodierende Gesamtwirtschaftslage mit ausgeprägten deflationären Tendenzen. Diese Tatsachen – und einige weitere, die ich ein anderes Mal darlegen werde – sind für mich Grund genug, äusserst vorsichtig zu sein.