Eine weit verbreitete Meinung ist, Führung sei vorwiegend oder gar ausschließlich die Führung von Menschen. Immer öfter behilft man sich dabei mit einer strikten Unterscheidung und Trennung zwischen Management und Führung. Management gilt dann für Organisationen und Führen für Menschen.
Diese Meinung – auch wenn man die begriffliche Unterscheidung macht – greift zu kurz. Es wird dann leicht aus dem Auge verloren, dass Menschenführung nicht die Führung von Menschen als solche ist, sondern die Führung von Menschen in Organisationen. Organisationen sind sehr spezielle „Orte“ – und sie sind ganz verschieden vom Privatleben.
Gleichzeitig wird dadurch in der Regel auch die Befassung mit Organisationen einseitig. Man übersieht dann, dass die beiden Aspekte „Menschen“ und „Organisation“ sich gegenseitig bedingen: Es geht um die Führung von Menschen in Organisationen, und es geht um die Gestaltung von Organisationen mit Menschen.
Eben das macht die Sache schwierig und zu einer Herausforderung. Jede Aufgabe für sich genommen wäre vielleicht relativ leicht zu lösen. Beide zusammen hingegen werfen die wirklich schwierigen Fragen auf.
Damit ist ein weiteres Problem verknüpft: Wenn Menschenführung nicht im Zusammenhang mit den Funktionsanforderungen von Organisationen gesehen wird, dann überträgt man leicht Dinge, die für das Privatleben von Menschen zweifellos unverzichtbar sind, als Anforderungen auch auf die Organisationen. Können sie dort erfüllt werden? Davon sind große Bereiche der Motivationslehre geprägt. Kann man z. B. tatsächlich erwarten, dass Menschen (von Einzelfällen abgesehen) sich in Organisationen selbst verwirklichen können? So verlangt es die Motivationslehre von Abraham Maslow, die mit Abstand am verbreitetsten ist. Aber beispielsweise auch eine der häufigsten derzeitigen Forderungen, dass die Tätigkeit in einer Organisation Spaß machen soll oder kann.
Umgekehrt könnten Prinzipien, die für Menschen innerhalb von bestimmten Organisationen nötige sind, weil diese sonst nicht funktionieren können, oft leichtfertig auf das Privatleben übertragen werden, wo sie nicht unbedingt nötig, ja kontraproduktiv sind. Die perfekte Arbeitsdisziplin von Chirurgie-Teams, von Teams in der Pharmaforschung, von Flugzeug-Pilotenteams, von Hochleistungsteams von Polizei, Rettungsdiensten, Feuerwehr ist im Privaten meistens nicht nötig.
Man führt tatsächlich nicht Menschen, sondern Menschen in Organisationen. Und man managt Organisationen mit und durch Menschen.
Lieber Prof. Malik, die bemerkte „Selbstverwirklichung“ ist schon deshalb nicht möglich, weil der Begriff nur schwer greifbar ist und oft ins Esoterische abdriftet (Man mag von Esoterik persönlich halten was man will, im Management hat diese jedoch nichts zu suchen). Oder weil sie auch (Einzel-)Interessen hervorhebt, die dem Wohl der Organisation entgegenstehen. D.h. die für einen Allgemeinnutzen stehende Organisation wird als Zweck der individuellen Selbstverwirklichung missbraucht. Auf jeden Fall kann und soll(!) man jedoch Menschen in Organisationen erfolgreich machen. Vorausgesetzt, dass die Organisationen gut funktionieren(!) und die Tätigkeit stärkenorientiert mit sichtbaren Ergebnissen (Erfolgserlebnissen) erfolgt. Und dies im Kontext einer fairen,… Weiterlesen »
Lieber Herr Schmidt, besser könnten wir kaum übereinstimmen. Die Grosse Transformation21 – Sie kennen meine diesbezügliche Lehre ja bestens – bringt viel Verwirrung. Bisherige zuverlässige Orientierungsmarken verschwinden und neue sind noch nicht etabliert. Wir sind mitten in der Zone der Instabilität und der Desorientierung. Über die Medien, besonders die Social Media, wird viel Unsinn publiziert. Und weil so vielen Menschen selbst elementare Kenntnisse fehlen über Themen, wie Motivation, Organisation und richtiges Management, können viele zwischen Sinn und Unsinn nicht unterscheiden. Besten Dank für Ihren so wertvollen Beitrag. Auch Ihnen einen schönen Advent, und ebenfalls beste Grüße aus St. Gallen.
Wie in jedem Jahr entbiete ich Ihnen, Herr Prof. Malik, und allen Blogteilnehmern meine Weihnachtsgrüße für eine friedfertige
Welt von morgen. Wie in jedem Jahr, liegt bei mir das Highlight beim 1. Weihnachtstag, an dem sich meine Familie zum
Gänseschmaus zusammenfindet. Gänsepreise übrigens zu konstanten Preisen zum Vorjahr.
Möge dieses Weihnachtsfest meine Vorahnungen für das Neue Jahr noch einmal vertreiben.
Herzlichst
Jürgen Clasen
Lieber Herr Clasen, es tut mir leid, dass ich mit dem online-stellen Ihrer guten Wünsche verspätet bin.
Auch ich wünsche Ihnen alles Gute, Gesundheit und viel Freude. Herzlich, Ihr F. Malik
Menschenführung, abgekoppelt von Zweck und Ziel gleitet leicht ab in Manipulation. Allerdings müssen Zweck, Ziel und notwendige weitere Merkmale der Organisation offenliegen, damit sich Menschen dafür bzw. dagegen entscheiden können. Sind sie nicht bekannt, ist auch das wieder ein Einfallstor für Manipulation oder vielleicht noch besser für eine willkürliche Verzweckung von Menschen.
Sind Zweck, Ziele etc. bekannt, kann sich jeder im Sinne der eigenen ethischen Grundeinstellungen dazu verhalten: Love it, change it, leave it.
In diesem Sinne zeigt sich aus meiner Sicht deutlich, dass Menschenführung ohne eine Einbindung in eine Organisation sowohl wirkungslos bleiben muss, als auch ethisch bedenklich ist.
Danke für Ihren Beitrag mit der so wichtigen Unterscheidung von
manipulativer und richtiger Führung, richtig deshalb, weil sie an ethisch gerechtfertigten
Zwecken und Zielen orientiert ist. Die Grenzen können im Einzelfall oft unscharf sein. Jedoch ist allein schon die
Frage nach dieser Rechtfertigung wichtig.
In letzter Zeit fällt mir immer wieder auf, wie viele Menschen nicht korrekt die Negation einer Aussage bilden können und deswegen falsche Schlüsse ziehen. Von der mangelnden Unterscheidung zwischen notwendigen, hinreichenden sowie notwendigen und hinreichenden Bedingungen einmal ganz zu schweigen. Nimmt man z.B. die Beobachtung, dass wenn eine Person eine Tätigkeit ausführt, die von der Person gehasst wird, i.a. schlechte Arbeitsergebnisse bringt, dann wird daraus schnell die falsche Umkehrung gebildet: „Eine Tätigkeit muss Spaß machen“. Die Negation ist aber „Die Tätigkeit sollte von der ausführenden nicht gehasst werden.“ Und dazu gehört schon, dass man sie leidenschaftslos und pflichtschuldig ausführt. Es… Weiterlesen »
Lieber Herr Irmak,
Ihre Kommentare zur Sprache passen gut in die heutige Zeit. Für die Wissensgesellschaft,
sind sie besonders wichtig. Für viele Fragen – ein paar schöne Beispiele zeigen Sie auf – würde es neue und kreative Antworten geben. Und wie Sie zeigen, würde es eine Reihe von Problemen gar nicht geben, weil diese real gar nicht vorhanden sind, sondern sprachlich konstruiert sind.
Vielen Dank, macht Freude, Ihre Gedanken zu kennen.