Bei weitem nicht. Teamarbeit  wird in der Wissenschaft häufig verherrlicht, so als wäre alle Wissenschaft Teamarbeit und als wäre Teamarbeit typisch und selbstverständlich für gut funktionierende Wissenschaft. Das ist aber seltener so, als man glaubt.Dass oft grosse Gruppen an einem Forschungsprojekt tätig sind, heisst noch lange nicht, dass diese ein Team bilden.
Dieser Eindruck entsteht aber unter anderem geradezu  zwingend, weil es Mode oder auch die Folge von Kollektivzwang ist,  dass sogenannte wissenschaftliche Publikationen fast nur noch mit 3 – 7 Autorennamen erscheinen, und zwar auch solche Veröffentlichungen,  die kaum mehr als 5 Druckseiten haben.
Damit man von echter und auch nötiger Teamarbeit in der Wissenschaft, aber auch in anderen Gebieten reden kann, sind m. E. mindestens die nachfolgenden  Bedingungen zu erfüllen.

  1. Die Aufgaben der einzelnen Personen müsse sachlich-thematisch eng vernetzt sein. Ein bloßes Zuarbeiten, wie Daten zu sammeln, andere Forschungsergebnisse zu suchen und zu analysieren etc.  allein würde ich noch nicht als Teamwork ansehen, sondern als gewöhnliche Arbeitsteilung.
  2. Durch und über die erwähnten Vernetzungen muss es einen fortgesetzten engen Austausch geben, und zwar so, dass Ergebnisse (und auch bloße Gedanken, Hypothesen, Vermutungen usw., die von Ergebnissen noch weit entfernt sind) einer Person direkt das Denken und die Aufgaben anderer Personen beeinflussen können und es auch tun, und zwar unabhängig von der hierarchischen  Position der einzelnen Personen.
  3. Die hierarchische Position bestimmt aber in letzter Konsequenz und als die letzte Entscheidung die jeweilige Forschungsrichtung, und den weiteren Forschungsumfang, die eingesetzten Mittel und mehr. Wenn es diese Instanz nicht gibt, oder sie zu schwach ist, dann zerfallen Teams in unverbindliche Debattierclub  und vielleicht sogar in Plattformen für neurotische Primadonnen.
  4. Dennoch ist auch die letzte Entscheidung keine einsame Entscheidung, denn sie ist ohne jene Einflüsse nicht denkbar, die vorher durch die Zusammenarbeit wirksam wurden. Trotzdem wird die Entscheidung von einer Person getroffen, wenn auf anderem Wege keine Einigkeit zustande kommt.
  5. Üblicherweise braucht es für eine solche Zusammenarbeit Personen, die kooperationsfähig sein müssen. Aber sie müssen miteinander nicht unbedingt gut auskommen, sie müssen auch nicht befreundet sein.
  6. Wohl aber gehört dazu gerade in der Wissenschaft ein Zurückstellen von Eitelkeiten, sowie eine gewissenhafte Achtung vor wichtigen intellektuellen Teilergebnissen von Kolleginnen und Kollegen, und die Respektierung von deren Urheberschaft.
  7. Nichts ist stärkeres Gift für ein Forscherteam, als die Okkupierung von Ergebnissen durch die ganze Gruppe oder durch einzelne ihrer Mitglieder,  die eine/r selbst erzielt hat. Auch für deren Entstehung spienlen Einflüsse von anderen zwar eine Rolle, aber in der Regel kann man gut genug festmachen, durch wen der Durchbruch erzielt wurde, was es war und wann es war.
  8. Teamarbeit ist in der Wissenschaft häufig grenzwertig. Sie hinterlässt öfter Frustration als Euphorie. Wir erleben in der Wissenschaft – mehr als in andere Gebieten – die besten Eigenschaften des Menschen, aber auch seine schlechtesten.